Es sollte zack auf Zack gehen in diesen Wochen des Jahres, so war der Sommerurlaub erst zwei Wochen her, stand über den Feiertag der deutschen Einheit der nächste Trip an.
Meine Großmutter lebte aufgrund von Flucht und Vertreibung nach dem Weltkrieg etliche Jahre in Litauen, sodass es für mich dieses Mal eine kleine Verbindung in das kleine Land im Baltikum gab. Mit Nick, einem ausgesprochenen Litauen-Liebhaber, so war es jetzt sein dritter Trip in das Land, wurde sich schnell abgesprochen und der Urlaub gebucht. Fünf Tage und fünf Spiele standen auf dem Plan, dass das Pokalfinale zu diesem Zeitpunkt (sehr kurzfristige Terminierung) auch stattfinden sollte, war eine nette Überraschung.
Wieder einmal wurde der BER angesteuert, ausnahmsweise nicht per nächtlichen Flixbus, sondern per Zug und mit einer halbstündigen Verspätung den günstigen (35 € pro Person) Flug eingestiegen. In Vilnius angekommen war ich kurz erschrocken, so gleicht der Airport von außen eher einer netten alten Bahnhofshalle. Dafür sind die Wege kurz und die Mietwagen-Anbieter leicht zu finden. Da all unsere Spiele außerhalb der Hauptstadt stattfanden, waren wir auf ein Auto angewiesen. Übrigens, falls ihr auch eher Billig-Anbieter bucht, in der Mietwagen Halle sind nur Büros der vier großen Platzhirsche, daher müsst ihr euch da einmal durchfragen. Unserer No-Name- Drittanbieter lief dann über Enterprise und ohne Probleme in der Abwicklung. Unser Urbihopp Hotel ist für Preis/Leistung sehr zu empfehlen, wir haben 25 € pro Person für ein Zweibettzimmer bezahlt, dazu gibt es ein durchaus gutes Frühstück- Es ist nicht zentral gelegen, dennoch soll man mit dem Bus gut in die Stadt kommen.
Nach dem Check-In wäre es theoretisch noch möglich gewesen, ein Spiel in Kaunas mitzunehmen, allerdings sollte jener Ground auch Austragungsort des Finales am Sonntag sein, sodass wir uns gegen den Stress entschieden. Stattdessen gab es eine 42cm Pizza bei Cili Pizza. Wer die Berichte hier aus Lettland gelesen hat, weiß das N dieses Lokal hochanpreist und es in Riga leider eine Enttäuschung gewesen ist. Der Name klingt auch eher nach Schnellimbiss, konnte hier in Vilnius aber wirklich überzeugen. Besonders die Pizzabrötchen waren später noch ein absolutes Highlight. Die Preise sind minimal günstiger als in Deutschland.
Freitag, 29.09.2023, LFF Kauno Treniruociu Centro Stadionas, 250 Zuschauer – FC Hegelmann Litauen 1:0 FK Banga
Am nächsten Morgen wurde sich erst das angenehme Frühstück reingezogen, ehe es schon nach Kaunas ging. Kaunas ist als zweitgrößte Stadt des Landes und auch durch seine internationale Universität, eine durchaus lebendige und junge Stadt. Die zentrale Spazier-/Einkaufsmeile kann man durchaus Mal ablaufen, am Anfang eine nette Kirche und am Ende befindet sich eine kleine Burg (bzw. eher die Ruinen davon). Bei angenehmen 25 Grad Ende September lässt es sich hier aushalten.
Der Ground vom FC Hegelmann wäre in Deutschland maximal Oberliga-tauglich, so besteht er praktisch aus einer Tribüne, die mit ihren fünf Reihen knapp 500 Sitzplätze fasst. Der Eintritt mit 7 € war dafür etwas hoch in unseren Augen, wer will, kann auf der anderen Seite durch die Werbung durchschauen und das Spiel auch ohne Eintritt als Zaungast verfolgen. Nun, verpassen kann man so oder so nicht viel, das Niveau war, wen überrascht es, nicht sehr hoch. Viele Halbchancen der brasilianisch/afrikanischen Gastgeber wurden oftmals nicht konsequent zu Ende gespielt, sodass Banga als klarer Außenseiter das Spiel durch Konter hätte gewinnen können. Es kam jedoch wie es kommen musste und Hegelmann brachte ein 1:0 über die Zeit. Schade für die 10 Gäste (inklusive fünf Zaunfahnen). Nach Abpfiff ging es mit den Spielern zusammen (,,Profis zum Anfassen“) auf den Parkplatz und die knapp 70-minütige Heimfahrt zurück ins Urbihopp wurde angetreten, um dort vor Ort erneut bei Cili Pizza zu speisen.
Samstag, 30.09.2023, Arvi Futbolo Arena, 400 Zuschauer – FK Sudova 0:2 Zalgiris Vilnius
Ausschlafen, Frühstücken und ins Gym, so war der Ablauf des Samstagmorgens, bevor es wieder ins Automobil ging. Auch diesmal in Richtung Kaunas, jedoch noch ein Stündchen weiter ins west- litauische Marijampole. Sehr trostlose Gegend, nur, dass es hier riesige Kreisel gibt, die fast unmöglich zu überqueren sind.
Das Stadion gehört wahrscheinlich zur Top 3 Litauens und konnte überzeugen. Neben der Haupttribüne gibt es eine Hintertortribüne, auf der sich sechs Jungs mit drei Zaunfahnen um den ,,Heimsupport“ bemühten. Auf der schmalen Gegenrade waren etwa 25 Fans vom Rekordmeister Zalgiris angereist, die für ihre Anzahl eine sehr gute Stimmung erzeugten. Auf dem Platz wurde es zum Vortag nicht wirklich besser. Auch hier konnte der krasse Außenseiter etliche Chancen nicht nutzen und Zalgiris wusste am Ende selbst nicht wie sie zu den zwei Toren gekommen sind. Erwähnenswert war der Wechselgesang zwischen fast allen 400 Anwesenden Fans, Unterstützung (Slawa Ukraine; oder so ähnlich) für den gebeutelten Kriegsnachbar Ukraine. In weiten Teilen Europas herrscht mittlerweile etwas Kriegsmüdigkeit, hier ist die Solidarität mit Selensky und seinem Land anscheinend noch voll vorhanden.
Abends ging es in Zalgiris in das ,,Ketten-Restaurant Katpedele“, dort gibt es durchaus gute einheimische Küche.
Sonntag, 1.10.2023, Gargzdai, 25 Zuschauer (Eintritt frei) – FK Banga 0:9 FK Gintra (Frauenfussball)
Am heutigen Tage standen gleich zwei Spiele an. Eines war ein Frauenspiel der ersten litauischen Liga. Normalerweise gehören Frauen Spiele nicht zu meinem Repertoire (erst Recht nicht, wenn sie drei Autostunden von Vilnius entfernt sind (soll ja jeder selber wissen, allerdings spielt in diesem Stadion auch die Herrenmannschaft) und sollte als Lückenfüller den Tag torreich beginnen lassen. Das Niveau der Heimmannschaft war extrem schlecht, viele männliche A/B-Jugenden aus Deutschland hätten die Mannschaft wahrscheinlich ebenfalls wie die Gäste zerschossen. Aufgrund vieler Wechsel wurde es am Ende doch nicht zweistellig, ein wenig taten einen die Banga-Spielerinnen dann doch leid.
Nach einer etwas kürzeren Rückfahrt, zwei Stunden, kam es nun zum ,,Highlight“ des Trips. Das litauische Pokalfinale:
Sonntag, 1.10.2023, LFF taures finales, Dariaus ir Girėno Stadionas, offiziell 8764 ( ~ 4500) – FA Siauliai 1:2 FK TransINVEST Vilnius
Das Spiel hatten wir ursprünglich gar nicht auf dem Plan, weil es erst kurz vorher terminiert worden ist. Daher war es dann eine größere Freude als wir uns für 12€ vor Ort ein Ticket (Kassenbon) kaufen konnten. Das neuste Stadion Litauens (2022 neu erbaut) ist als Neubau durchaus ansehnlich. Da es eine Multi-Funktionsarena ist, leider mit Laufbahn, aber nun gut. Tickets konnte man auch online im VVK erwerben, dort allerdings für 18€, wobei hier ein Allstar/Legenden-Spiel (u.a. mit Puyol, Duda) am Vortag inkludiert war.
Laut offiziellen Angaben waren 8700 Zuschauer (15.000 insgesamt) anwesend, inoffiziell sind wir großzügig auf maximal 4500 gekommen. Vielleicht lag es ja daran, dass der Rekordsieger Zalgiris Vilnius nicht im Finale stand und deren größte Fanbasis vorab Karten gekauft hatte. Wir werden es nie herausfinden.
Im Finale stand mit FA Siauliai ein gestandener Mittelklassen-Erstligist und der FK Transinvest Vilnius, ein 2022 neu gegründeter Verein mit einem schweizerischen Sponsoren-Namen. Was genau hinter dem Verein steckt ist kaum herauszufinden, da es bis auf eine (bis zum Finale) wenig geführte Facebook-Seite und einem Dreizeiler im litauischen Wikipedia nichts im Internet zu finden gab. Der Zusatz Vilnius ist aber wahrscheinlich auch nur aus Image-Gründen gewählt worden, so spielt der Verein doch im ca. 45 Minuten entfernten Sirvintos…
Fantechnisch war der Erstligist logischerweise etwas besser aufgestellt und zündete zu Beginn auch 2-3 Rauchtöpfe. Ein Spruchband ,,Wir wollen die Tasse (wörtlich Pokal) und zum Abschluss ,,Danke“ brachten auf den Platz nicht die notwendige Extra-Motivation. In der ersten Halbzeit kam FA noch seiner Favoritenrolle gerecht und ging früh in Führung. Danach spielten die Gäste aber deutlich zielstrebiger und drehten in Halbzeit zwei die Partie.
In der Pause gaben anscheinend noch landesweit bekannte Djs, Rapper und Tanzgruppen kleine Auftritte, zumindest waren die anwesenden jüngeren Menschen hellauf begeistert. Ich war es jedenfalls nicht, der Bass von der übertriebenen Soundanlage war auch noch Stunden danach in Ohr und Brust zu spüren. Relativ verdient gewann also der FK Transinvest den Landespokal 2023 und wird zudem als Tabellenerster in die A-Liga aufsteigen. Vielleicht ist ja demnächst, immerhin spielen sie dann in Europa, mehr über diesen ,,Club“ herauszufinden…
Montag, 2.10.2023, 19:00 Uhr, FK Pamevezys 2 1:1 FK Riteriai 2
Vormittags wurde diesmal lange ausgeschlafen, dann war endlich etwas Zeit für touristische Aktivitäten. Dies ist kein Sightseeing-Bericht, aber Vilnius ist eine sehr sehenswerte und entspannte, charmante Stadt. Für Pärchen/Familienurlaub ist sicherlich eine preiswerte Alternative.
Kommen wir ein letztes Mal zum Sportlichen: Wieder solch ein Spiel, welches ich alleine bestimmt niemals gekreuzt hätte. Panevezys A Mannschaft spielt im Nationalstadion und ist/wird aktueller Meister der A- Liga. Aber den Zweitground der Amateure? Da braucht man jedenfalls Nerven. Bei Nieselregen und einkehrender Dunkelheit durften wir es uns auf den etwa vier Reihen Sitzplätze das Spiel vergnügen. Neben uns größtenteils Kinder unter den etwa 200 Zuschauern. Bei freiem Eintritt sah das Spiel technisch sogar ganz gut aus, der Tristesse konnte man hierbei allerdings auch nicht entfliehen. Ein verschossener Elfmeter von Panevezys in der Nachspielzeit passte natürlich gut zum Bild, anschließend wurde der ganz schnelle ,,Heimweg“ zum Flughafen angetreten. Allerdings nur um das Auto noch rechtzeitig vor 23:00 Uhr abzugeben. Dann standen nämlich noch nette 7 Stunden Entspannen zwischen den Wartesitzen an, denn unser Flieger sollte erst am nächsten frühen Morgen abfliegen. Das Leben was wir wählten.