Nach all den Groundhopping-Reisen im Jahr 2023 stand nun endlich mal ein Pärchen-Trip an. Nicht nur die Zweisamkeit im Fokus, sondern auch mal die entspannte Variante des Reisens. Neun Tage sollte es nach Chalkidiki, auf Kassandra, eine griechische Halbinsel gehen und abschließend noch 1,5 Tage in Thessaloniki verbrachten werden. Der Reisezeitraum wurde damals recht willkürlich ausgewählt, Hauptsache Nebensaison, aber noch mit ganz nettem Wetter. Wer die Nachrichten zum aktuellen Zeitpunkt verfolgt hat (Sommer 2023), wird wissen, dass Wetter der Extreme herrschen. Auf Rhodos zahlreiche Waldbrände bei über 40 Grad und in Zentral-Griechenland, Thessalien, zwei Wochen vor unserem Urlaub, gab es Stark-Regenfälle. Nun, wir hatten Glück und konnten uns bei angenehmen Mitte 20 Grad-Wetter an den Stränden entspannen. Das muss man sich mal vorstellen, vier Kurztrips und ein längerer Trip gab es für mich bisher in diesem Jahr, allerdings alle mehr oder weniger auf Zeitdruck und immer mit Stress verbunden.
Wie es der Zufall wollte entdeckte ich in der Sommerpause, dass der griechische Rahmenplan mir am Thessaloniki-Wochenende ein Derby schenkte. Die zwei Tage in der Stadt waren mit Absicht gewählt, irgendwer wird sicherlich spielen, aber mit diesem Losglück hatte ich natürlich nicht gerechnet. Wiederum etwas später, zwei Wochen vor Urlaubsstart, kam es im Vorfeld zwischen dem CL Spiel zwischen AEK Athen und Dinamo Zagreb zu einem Messerangriff und einem Toten. Dieser Vorfall erschütterte auch die griechische Regierung, sodass es die wildesten Behauptungen im Internet zu lesen gab. Eine war, dass die Regierung ab sofort ausländischen Personen den Zutritt in die Stadien verweigern wollte. Nun, obwohl ich in meiner Vorbereitung keinerlei weitere Hinweise darauf fand, hemmte das dann doch etwas meine Stimmung. Mitten in der Woche fand auf meiner Halbinsel ein Pokalspiel statt und ich entschied es zu probieren.
AO Chaniotis 0:1 AO Tilikratis Lefkada – Kassandra – Mittwoch, 13.09.2023 – 2.te Pokalrunde ~ 150 Zuschauer
Das Spiel fand am frühen Nachmittag um 15:00 statt. Eine sehr unfreundliche Uhrzeit, eher für Touristen geeignet, aber augenscheinlich war ich trotzdem der einzige Ausländer im Ground. Fünf Minuten vor Anpfiff ging es ohne Probleme ins Stadion, ein Zehner Eintritt ist nicht billig, aber immerhin kam ich ohne ein Wort rein und war dementsprechend erleichtert, der Länderpunkt sollte fallen! Kein Augenschmaus, der Heimverein spielt in einer lokalen unterklassigen dritten Liga, während Lefkada als Zweitligist (zugegeben, in einer sehr großen aufgeblähten Liga) sicherlich als Halb-Profi-Team zu zählen ist. Der Ground bestand zwar lediglich aus einer einzigen Tribüne, die aber dann doch sehr langgezogen und groß war und bei voller Auslastung bestimmt 1000 Menschen fassen kann. Heute waren es etwa 130 Zuschauer, die diesem torarmen, aber spannenden Pokalkick beiwohnen wollten. Mir war anfangs auch nicht klar, wer das Heimteam war, da es deutlich dominanter als der Zweitligist auftrat. In den letzten Minuten des Spiels ging es dann nur noch in eine Richtung und die Anwesenden wurden durch den späten Auswärtstreffer vor einer Verlängerung bewahrt. Na Gott sei Dank!
PAOK Thessaloniki 0:0 ARIS Thessaloniki – Sonntag, 17.09.2023, 20:30, Toumba-Stadion – 17731 Zuschauer
Das Pokalspiel am Mittwoch löste einerseits die Anspannung kein Spiel in Griechenland sehen zu können, andererseits schaffte es Hoffnung, dass die Gerüchte um das Ausländer-Verbot doch nicht stimmen sollten. Am nächsten Morgen begann online um 09:00 der Ticketverkauf bei PAOK. Griechen müssen hier immer mit der AMKA eine griechische Sozialversicherungsnummer eingeben, die bei einigen Vereinen (anscheinend) auch für Ausländer gilt und im Vorhinein zu beantragen ist. Bei PAOK verläuft das relativ unkompliziert, klickt man auf den Reiter „foreigner/Germany“ verschwindet das AMKA-Feld und es müssen „lediglich“ die Ausweis-Daten eingetragen werden. Schnell und einfach hatte ich also meine E-Tickets für die Gegengerade bekommen (30 €) und die Hoffnung wandelte in Vorfreude. Da kann doch jetzt wirklich nichts mehr schief gehen?
Am Spieltag marschierten wir abends Richtung Stadion. Ich natürlich in Schwarz, meine Freundin im blauen Kleid. Ihr war dadurch anfangs etwas mulmig, schließlich trägt bei PAOK jeder die schwarzen Vereinsfarben und gerade im Balkan ist Fussball eher ein Männersport. Es passierte natürlich nichts, sodass wir auch heil im weiten Rund des Toumba-Stadions ankamen. Das etwa 60-jahre alte Stadion (1959 eröffnet) besitzt lediglich eine überdachte Tribüne, die Haupttribüne und soll durch einen Neubau ersetzt werden. Gut das wir und weitere 17.000 Zuschauer (übrigens nie, auch im Derby nicht, ausverkauft) also da waren. Gäste sind in Griechenland leider seit etlichen Jahren (Ausnahme Pokalfinale) nicht mehr zugelassen, sodass die Atmosphäre wohl nie mehr die ganz alten glorreichen Zeiten erreicht.
Dennoch war das Dargebotene im angemessenen Rahmen. Zu Spielbeginn wurde ein PAOK Banner hochgezogen und zugleich ordentlich Feuerwerk gezündet. Zugleich erleuchtete im Spiel immer einiges an Bengalos. In der zweiten Halbzeit wurde u.a. weißer Rauch gezündet, der innerhalb weniger Minuten das ganze Stadion 10 Minuten unter Nebel stellte. Das Spiel wurde zwar unterbrochen, allerdings munter weitergesungen und teilweise auch von den anderen Tribünen miteingestimmt. Gerade dann gab es kurze Gänsehaut-Momente, die in Deutschland ganz selten Mal erreicht werden. Durchgehenden Support gab es von etwa 3000 Menschen des Gate 4, der durchaus beeindruckend war und in Europa m. M. n. in den Derbys nur von den Schweden, dem Kopenhagen und Belgrad-Derby erreicht wird.
Das Spiel selbst ging leider, trotz etlicher Torchancen, am Ende 0:0 aus. Ein spätes Abseits-Tor ließ die Emotionen der PAOK-Anhänger kurz explodieren, ehe es vom VAR einkassiert worden ist. Der VAR killt die Emotionen, das Wertvollste im Fussball, es kann nicht oft genug erwähnt werden. Dennoch, den Torjubel konnte ich einmal ,,erleben“ und auch sonst, nach dem sicheren Heimweg, war ich zufrieden. Man darf durchaus mit etwas Erwartungen in die griechischen Topspiele gehen, allerdings gehört zur Weltklasse sicherlich ein gutes Spiel und die immer nicht zugelassenen Auswärtsfans sollte man bei der Gesamtbewertung im Hinterkopf behalten!







