Widzew Lodz – Pogon Szczecin 1:2 – 16.12.2023, 17:30 – Stadion Widzewa Lodz Z. 16.654 – Ekstrasklasa   

Theeoooooo, wir fahr´n nach Łódź. Theeoooooo, wir fahr´n nach Łódź. Schon 1974 sang Vicky Leandros diese legendären Zeilen, welche die Stadt Łódź in Deutschland schlagartig bekannt machte. Spätestens, als Otto eine Parodie darüber machte, kannte ganz Deutschland den Namen der Stadt. Knapp 40 Jahre später sollte dieser Song das Motto für meine letzte Tour im Jahr 2023 sein. Nachdem mich Anfang Oktober Stettin bereits überzeugen konnte, wollte ich nun mit Łódź meinen polnischen Fußball-Horizont etwas erweitern. Bis auf Stettin und Krakau (Lubin lass ich hier bewusst unerwähnt, dass war eher ein Dorf und die Geschichte ist eine Story für sich) war Polen nämlich noch relativ unerforscht von mir. Natürlich war ich auch schon mal in Warschau, das ist aber schon Jahre her und Fußball wurde damals auch noch nicht geschaut. Und da Polen ein Land ist, bei welchem ich mir perspektivisch eine erste Liga Komplettierung vorstellen könnte, wurde es also Zeit für den vierten Fußball-Trip in das Land des Zloty. Bereits nach meinem Türkei Urlaub entschied ich mich, noch einen letzten Trip im Dezember machen zu wollen. Die letzten Wochen auf der Arbeit waren stressig (Ja, das waren sie wirklich, da müsst ihr gar nicht drüber lachen), sodass dieser Kurztrip eine Belohnung (wenn man das so nennen kann) sein sollte. Mitstreiter ließen sich für diesen Trip leider nicht finden. Der gute Ranztourist hatte die Fußballsaison – warum auch immer – bereits für sich beendet und der Hansehopper fuhr lieber nach Nürnberg, um sich das hoffentlich letzte Spiel unseres glorreichen Trainers anzuschauen. Muss jeder selbst wissen, nach Nürnberg hätten mich an diesen kalten Samstag keine 10 Züge bekommen. Łódź schien mir da die deutlich spannendere Alternative. Allen, denen ich davon erzählte, schauten mich erstmal verständnislos an. „Was willst du denn da? Wo liegt das überhaupt?“ waren die Standard-Antworten, die ich darauf zu hören bekam. Der Namen war tatsächlich fast allen bekannt, aber Polen zuordnen konnten das tatsächlich die wenigsten. Dabei ist Łódź hinter Warschau und Krakau mit 750.000 Einwohnern die drittgrößte Stadt Polens, scheint aber stand jetzt noch nicht von den Touristen aus aller Welt entdeckt worden zu sein.

Was ich in Łódź will, war jeden der mich kennt, natürlich auch klar. Łódź soll wohl eine ganz schöne Stadt sein, aber da fährt man doch nicht hin, ohne Fußball zu schauen. Da an diesem Wochenende mit Widzew und LKS beide Łódźer Vereine spielen sollten, war dieses Wochenende perfekt, um beide Vereine in Łódź mit einem Besuch abzuhaken. Das einzige Problem war die Anreise. Łódź liegt 750 Kilometer von Hamburg entfernt, das ist schon ein gutes Stück und 200 Kilometer weiter weg, als Nürnberg. Und seien wir mal ehrlich, ohne Łódź als alternative wäre ich wohl auch nach Nürnberg gefahren. Da die letzten Auftritte meines Vereins mir jedoch jeglichen Spaß geraubt hatten, war ich ganz froh, heute nicht dabei zu sein. Da nahm ich auch lieber eine 12 Stunden Flix-Bus Anreise in kauf. Ja, ihr habt richtig gelesen, geschlagene 12 Stunden sollte meine Anreise von Hamburg nach Łódź dauern. Da ich bis 17 Uhr noch Seminar hatte und danach ein gemeinsamer Weihnachtsmarkt-Besuch anstand, entschied ich mich, über Nacht nach Łódź zu fahren. Um 00:30 startete mein Flix-Bus nach Berlin. Nach einem zweieinhalbstündigen Aufenthalt am Berliner ZOB – den meiner Meinung nach schlimmsten Ort in Berlin – ging es um 06:20 endlich nach Łódź. Da ich mittlerweile wirklich müde war, konnte ich die meiste Zeit der Busreise tatsächlich schlafen, sodass die sechs Stunden fahrt relativ zügig vorbei gingen und ich pünktlich um 12:35 mein Ziel erreichte.

Das Wochenende in Łódź plante sich aufgrund der wirklich sehr passenden Terminierung der Spiele eigentlich von selbst. Um 17:30 sollte Widzew gegen Pogon Stettin spielen, es war also genug Zeit, um ins Hostel einzuchecken und etwas Sightseeing zu betreiben. Mein Ticket fürs Spiel hatte ich zum Glück gestern organisieren können. Das Ticket-System bei Widzew unterscheidet sich nämlich sehr stark von allen anderen polnischen Vereinen. Ins Stadion von Widzew – übrigens ein Neubau, der 2017 eröffnet wurde – passen 18.000 Zuschauer. Und der Verein hat knapp 17.000 Dauerkarten verkauft. Also wirklich alle Plätze, bis auf den Gästeblock. Echt verrückt, die 17.000 Dauerkarten sind eine wirklich starke Zahl, man sollte meinen, das Widzew in den letzten Jahren wirklich erfolgreich gewesen sein müsste. Aber genau das Gegenteil war der Fall. Vor fünf Jahren fand die Stadioneröffnung nämlich in der vierten!! Liga statt. Aufgrund finanzieller Probleme wurde der Verein zur Saison 2015/16 in die fünfte Liga zurückgestuft. Von da erfolgte ein steiler Aufstieg, seit der Saison 22/23 ist man wieder in der Ekstraklasa und spielt dieses Jahr eine relativ solide Saison im Mittelfeld. Laut Wikipedia hat Widzew eine der leidenschaftlichsten Fans im Land. Und ich bin ganz ehrlich, bei diesem Weg, den der Verein in den letzten 9 Jahren gehen musste, kann eigentlich nur eine starke Gemeinschaft entstanden sein. Dies würde zumindest die hohe Anzahl der Dauerkarten erklären. Wie kommt man also an ein Ticket, wenn es nur Dauerkarten gibt? Ganz einfach: erstmal gar nicht. Der Verkauf der Tickets ist nämlich zweigeteilt. In der ersten Phase musst du einen Dauerkarteninhaber finden, der dir seine Dauerkartennummer  gibt, mit der du dann diesen Platz kaufen kannst. Diese Phase kam für mich schon einmal nicht infrage, ich hoffte auf Phase Nummer Zwei, den „freien“ Verkauf. Hier konnte man Tickets von DK-Inhabern kaufen, die spontan nicht zum Spiel gehen konnten. Bei 17.000 DKs hoffte ich schon auf ein bis zwei Prozent, die verhindert sein sollten. Und meine Berechnung war ziemlich akkurat, rund 400 Tickets gingen in den freien Verkauf und ich hatte keine Probleme, mir mit einer generierten Peselnummer, ein Ticket zu kaufen. 55 Zloty, umgerechnet 12€, waren ein fairer Preis und ich konnte das Sightseeing mit einem guten Gefühl starten. Ich machte mich auf den Weg zur Hauptstraße, der Piotrkowska Straße. Hier gibt es jede Menge prunkvoller, renovierter Gebäude, den Łódź Walk Off Fame – wie in Hollywood bloß mit polnischen Schauspielern und Regisseuren. Ganz cool gemacht. Ich besuchte noch einen Weihnachtsmarkt, schaute mir jonglierende Elfen an und aß einen sehr leckeren Burger. Nebenbei verfolgte ich den überraschenden Auswärtssieg meines Vereins. Dem Hansehopper sei es gegönnt, so war sein Trip immerhin schon mal erfolgreich.

Gegen Nachmittag machte ich mich dann auf dem Weg zum Stadion von Widzew. Ich wollte relativ zeitig da sein, um keinen Stress zu haben. Außerdem ging auch schon gegen 15:30 die Sonne unter und es wurde ziemlich schnell dunkel. Da braucht man sich auch wirklich nicht mehr draußen aufhalten. Am Stadion kam ich dann bestimmt an fünf Leuten vorbei, die Choreospenden sammelten. Die wurden jedoch konsequent ignoriert. Hätte ich Bargeld gehabt, hätte ich eventuell sogar was gespendet, aber da ich alles mit Karte bezahlen konnte und keinen einzigen Zloty dabei hatte, vermied ich Blickkontakt und ging zügig an denen vorbei. Bloß nicht auffallen. Klappte zum Glück und ich fand mich eine gute Stunde vor Anpfiff auf meinem Platz wieder. Da es das letzte Heimspiel dieses Jahr war und Weihnachten vor der Tür stand, war alles sehr weihnachtlich gehalten. Vor dem Spiel liefen ausschließlich Weihnachtslieder im Stadion und ein Weihnachtsmann fungierte als Ballkind und zeigte auch die Auswechslungen an. Das fand ich etwas zu viel des Guten, aber jeder wie er will.

Das Spiel begann mit einer Schweigeminute, wofür die war, konnte ich jedoch nicht rausfinden. Gleichzeitig gab es auf der Gegentribüne und in der Fankurve eine Art Kreuzchoreo. So richtig zuordnen konnte ich das alles nicht, bis dann auf ein Kommando rote und weiße Pappen hochgehoben wurden. Die Kreuze verwandelten sich durch die Pappen in einen Schriftzug: Widzewskich Swiat – Widzews Weihnachten. Ganz nett gemacht, dazu eine richtig gute Stimmung, so konnte es losgehen. Da ich nah an der Heimkurve saß, kam vom Gästeblock – der gut gefüllt, aber nicht ganz ausverkauft war – nicht allzu viel an. Ich sah nur, dass eine große, zusammengerollte Blockfahne nach unten gereicht wurde, da sollte im Laufe des Spiels also noch was kommen. Das Spiel an sich war unterhaltsam, in der 40. Minute ging Lodz in Führung, nur um dann keine 5 Minuten später den Ausgleich zu kassieren. Der guten Stimmung machte das jedoch nichts aus, die Gegentribüne stand durchgehend, es gab Wechselgesänge, einschlägige Melodien, sodass es mir richtig Spaß machte, die Kurve von Widzew zu beobachten. Sowohl oben als auch unten war alles voller Zaunfahnen, sogar die Gegentribüne war unten voll gehängt. Richtig schön anzusehen. Unter anderem gab es auch eine große, blau, weiß, schwarze Ruch Chorzow Zaunfahne, aber dazu kommen wir später im Bericht noch mal ausführlicher. Richtig schön anzusehen war in der zweiten Halbzeit auch der Gästeblock. Erst wurde eine schicke Blockfahne mit einem jugendlichen Stettin Fan hochgezogen, unter den Motto: „Warten auf den ersten Geburtstag“ (laut Google Übersetzer). Dann kamen ganz viele blau-rote Flaggen zum Vorschein, die gelb umrandet waren. Die sahen richtig gut aus, das war optisch einwandfrei. Der krönende Abschluss war dann eine hübsche Pyroshow, bevor dann die Blockfahne wieder hochgezogen und die Aktion beendet wurde. Zeitlicher Aspekt: über 25 Minuten. Das muss man sich mal vorstellen. Mehr als die Hälfte der zweiten Halbzeit nahm sich der Gästeblock Zeit, um eine richtig gut durchdachte Choreo durchzuführen. Sowas gibt es in Deutschland einfach nicht. Schon in Stettin war mir bei ihrer Heimchoreo aufgefallen, dass die Blockfahnen immer in aller Seelenruhe hochgezogen wurden. Ich glaube, die hing heute insgesamt 10 Minuten über zwei dritteln des Gästeblocks, das ist schon verdammt lange. In Deutschland nicht machbar, da würden sich irgendwann der Großteil des Blocks aufgrund der nicht mehr vorhandenen Sicht beschweren. Dass genau dann auch noch der 1:2 Siegtreffer für sie viel, war dann tatsächlich ärgerlich. Bis das alle unter der Zaunfahne mitbekamen, dauerte es ein paar Momente, das war ganz lustig anzusehen. Spielerisch schaffte es Widzew dann nicht mehr, zu richtigen Hochkarätern zu kommen, sodass Stettin folgerichtig die drei Punkte mit nach Hause nahm. Es sei ihnen gegönnt, dafür war die Choreo zu stark, um nicht mit drei Punkten zu belohnt werden. Außerdem habe ich tendenziell eine Antipathie gegen Vereine, die im Jahr 1910 gegründet wurden und das ist bei Widzew leider der Fall. Die Fans verabschiedeten die Mannschaft mit einem kurzen Pfeiffkonzert, so richtig schöne Weihachten scheinen es da also nicht zu werden. Ich machte mich auch schleunigst auf den Weg zurück ins Hostel, nach dem langen Tag war ich echt müde. Aber allein das Spiel heute hat die lange Anreise lohnenswert gemacht, sodass ich zufrieden ins Bett fiel.

LKS Lodz – Ruch Chorzow 1:1 – 17.12.2023, 12:30 – Stadion Miejski im. Wladyslawa Krola Z. 9.048 – Ekstraklasa

Steh‘ auf, du faules Murmeltier, bevor ich die Geduld verlier‘, Theeeoooo, wir fahren nach Łódź.

Nach einer erholsamen Nacht (meinen Ohrenstöpseln und meiner Augenmaske sei dank) stand am nächsten Morgen erstmal wieder Sightseeing an. Ein bis zwei Stunden länger hätte ich bestimmt schlafen können, aber ich bin ja vermutlich nur einmal in Łódź, da muss ich die Zeit nutzen, die ich hier bin. Ich machte mich zuerst auf dem Weg zur Alexander-Newski-Kathedrale, einer kleinen Kirche, die von außen ganz süß aussah, aber bei weitem nicht an ihren Namensvetter aus Sofia rankommt. Danach ging es zum Izrael-Poznanski Palast. Poznanski war ein jüdischer Händler, der eine der größten Fabriken in Łódź erbaute und als Zeichen seines Einflusses diesen prächtigen Palast erbaute. Heutzutage ist dadrin das Museum der Stadt Łódź beheimatet. Da die Zeit bei mir aber eher knapp war – um 12:30 war ja bereits Anstoß – verzichtete ich auf einen Besuch und ging weiter zur direkt daneben gelegenen Manufaktura. Die Manufaktura ist ein sehr modernes Kunst-, Wissenschafts- und Technikzentrum, die früher die eben erwähnte Textilfabrik von Poznanski war. Die roten Backsteinbauten wurden überwiegend erhalten, sodass man hier eine Kombination aus der industriellen Vergangenheit der Stadt und der heutigen, modernen Gegenwart spüren kann. Heutzutage ist die Manufaktura vor allem aber ein großes Einkaufszenter, also eher langweilig. Der Weihnachtsmarkt und die Stimmung waren jedoch echt schön. Nächster Stop war dann das Ksiezy Mlyn – auf Deutsch „Pfarrers Mühle“. Was heutzutage ein restauriertes Wohnviertel ist, war früher einer der größten industriellen Fabrikkomplexe Europas. Heutzutage sind immer noch die charakteristischen Ziegel- und Backsteinfassaden zu besichtigen und ich nutzte die Gelegenheit, in einem kleinen Café einen Kaffee zu trinken. Mittlerweile war es auch schon nach 11 Uhr, also machte ich mich so langsam auf dem Weg zum Stadion. Das ÖPVN Netz ist hier übrigens sehr gut ausgebaut und sogar gratis – wenn man sich kein Ticket kauft ;).

Gegen 11:30 erreichte ich das Wladyslaw Krol Stadion. Wie das Stadion von Widzew ist es neu und kein 0815 Neubau, sondern ein echt cooles Stadion, das auch von außen ganz schick aussieht. Die Gemeinsamkeiten der beiden Vereine fangen hier gerade erst an. LKS wurde zwei Jahre vor Widzew gegründet, also im Jahre 1908. Die Vereinsfarben sind weiß-rot, die von Widzew rot-weiß. Auch in Sachen Zwangsabstieg kann LKS mithalten. Bereits drei Jahre vor Widzew musste LKS ebenfalls finanziell bedingt, in die fünfte Liga absteigen. Erst 2019/20 spielte man wieder eine Saison in der ersten Liga, aus der man aber direkt wieder abstieg. Diese Saison ist also die erste Ekstraklasa Saison seit drei Jahren. Außerdem pflegen beide Vereine Fanfreundschaften zu Vereinen mit blau-weißen Vereinsfarben. LKS ist mit Lech Posen befreundet und Widzew zu Ruch Chorzow. Die Łódźer Vereine scheinen wie der rechte und der linke Twix zu sein, nur das Widzew erfolgreicher ist/war und deutlich mehr Fans hat. Das Widzew mit Ruch befreundet ist, wurde mir erst gestern klar, als ich die große Zaunfahne von Ruch im Stadion sah. Das brachte natürlich fürs heutige Duell deutlich mehr Rivalität ins Spiel. Spätestens, als im Gästeblock, in bester, mittiger Position eine große Widzew Zaunfahne aufgehängt wurden, wurden meine Erwartungen an die Fans erhöht. Denn spielerisch rechnete ich heute nicht mit viel. LKS traf als Tabellen 18ter auf den Tabellen 17ten. Bei bereits neun Punkten Rückstand ans rettende Ufer, sieht es stark danach aus, dass es bei dieser einen Saison Ekstraklasa für LKS bleiben wird und sie direkt wieder absteigen.

Qualitativ war das Spiel dann auch wie erwartet schwach. Die erste Halbzeit gehörte LKS, die verdientermaßen Mitte der ersten Halbzeit in Führung gingen. In der zweiten Halbzeit war es dann spiegelverkehrt, nun war Ruch besser und schaffte es, kurz vor knapp in der 88. Minute auszugleichen. Das Ergebnis bringt also keinen der beiden Clubs weiter, sodass wohl auch Ruch direkt wieder absteigen wird. Schade eigentlich, denn beide Clubs spielen fantechnisch definitiv in der ersten Liga. Obwohl “nur“ ca. 9000 Zuschauer da waren, war die Stimmung wirklich nicht schlecht. Gestern bei Widzew war sie zwar besser, aber da war das Stadion auch fast ausverkauft. LKS hat zwar nicht ganz so kreative Gesänge, die dafür aber wirklich laut waren. Und auch choreotechnisch waren sie sehr gut aufgestellt. Unter dem Motto „Erwartet das Unerwartete – LSK Łódź“  (Google Übersetzer) wurde aus dem nichts in der 30. Minute eine Blockfahne mit nem Kampfhund, der einen Baseballschläger in der Hand hielt, hochgezogen. Fünf Minuten später brannte die komplette Hintertortribüne, da wurden bestimmt um die 60 Fackeln gezündet. Echt unerwartet und wirklich schön anzuschauen. Ich war zufrieden, denn wenn das Spiel schon nicht begeistern konnte, dann immerhin die Fans. Und auch die Fans von Ruch konnte in der zweiten Halbzeit überzeugen. Mit dem Anpfiff des zweiten Durchgangs vermummten sie sich erstmal 10 Minuten lang. Mir stellt sich da die Frage, warum sowas nicht in der Pause gemacht wird. Das Spiel scheint denen wirklich nicht so wichtig zu sein. Die Pyroshow startete aber nicht sofort. Zunächst wurde unter dem Motto: „Wir fahren nicht um des Spaßes Willen“ (Google Übersetzer) sehr aufwendig aus zwölf langen Streifen eine Blockfahne gestaltet, auf denen drei vermummte Ultras mit Pyro zusehen waren. Warum benutzt man nicht direkt diese Blockfahne als ganzes, um sich dann darunter zu vermummen? So war das wirklich umständlich, aber die werden schon ihre Gründe gehabt haben. Sah auf jeden Fall gut aus und auch die anschließende Pyroshow war top. Die Fackeln vernebelten erstmal das komplette Stadion, sodass das Spiel erstmal fünf Minuten unterbrochen werden musste. Generell hatte der Gästeblock einen starken Auftritt. Er war das komplette Spiel über immer wieder gut zu vernehmen, auch wenn er nicht ganz ausverkauft waren. Über 1000 Gäste waren das aber bestimmt.

Mit dem Abpfiff machte ich mich dann zügig auf den Weg zurück zu meinen Hostel, die mich bereits angeschrieben hatten und nach meinen Schlüssen fragten. Den hätte nämlich eigentlich am Morgen in einem Briefkasten werfen sollen, da ich aber noch meinen Rucksack im Hostel hatte und die Inhaber gefühlt nie da waren, nahm ich den lieber mit. Das war definitiv die richtige Entscheidung, denn als ich ankam, war mal wieder niemand da, sodass ich ohne Ärger meine Sachen holen konnte und mich auf dem Weg zur letzten wichtigen Station in Lodz machte. Das Mahnmal für das Lodzer-Ghetto, von den Nazis auch Litzmannstadt Ghetto genannt. Die Nazis errichteten während der Besatzung Polens in Lodz nämlich das zweitgrößte Ghetto des Landes. Über 220.000 Juden wurden hier unter unmenschlichen Bedingungen 1940 gefangen gehalten und ab 1942 in Vernichtungslager abgeschoben. Dies Geschah über den Bahnhof Radegast, der heute eine Gedenkstädte ist, um an die Opfer des Holocausts zu erinnern. Heute dient das Mahnmal als Symbol gegen Hass, Intoleranz und Völkermord. Es besteht aus einem Turm aus Ziegelsteinen, der ein Krematorium darstellt und die Innenschrift: „Du sollst nicht töten“ – das fünfte Gebot Bibel, trägt. Daneben sind die alten Wagons der Reichsbahn, sowie ein weiteres Denkmal mit den Namen der Vernichtungslager zu sehen.  Als Geschichtslehrer ist das natürlich ein Pflichtbesuch, wobei eigentlich alle Deutschen, die Lodz besuchen, sich hier einmal über die Gräueltaten des Holocausts aufklären sollten. Umso erschreckender ist es, dass wirklich nur ein einziger Reiseblog von dieser Gedenkstätte berichtet, während alle anderen lieber noch das xte Café für einen tollen Flat White empfehlen. Natürlich ist das ein eher bedrückender Ort, vor allem mit der eingehenden Dunkelheit und Kälte konnte man noch einmal ein bisschen mehr nachvollziehen, wie schlimm das alles gewesen sein muss. Nachdenklich machte ich mich zurück in die Innenstadt, wo ich noch genug Zeit hatte, mich bei einem American Diner zu stärken, bevor es um 18:30 wieder über Berlin zurück nach Hamburg ging.

Dann feiern wir ein großes Fest, was uns die Welt vergessen lässt. Theo, wir fahren nach Łódź. Auch wenn die Rückfahrt noch mal ziemlich anstrengend war ich, 4 Stunden Aufenthalt am Berliner Hauptbahnhof hatte und erst gegen 7 Uhr morgens wieder zu Hause ankam, war dieser Trip ein perfekter Jahresabschluss. Ich konnte den Alltag etwas vergessen und die kurze Zeit in Łódź definitiv genießen. Ich habe zwar kein einziges Mal die Sonne gesehen, es war bewölkt und regnerisch, aber selbst das triste Wetter konnte diesen Trip nicht ruinieren. Es war ja nicht komplett schlecht. Ich hatte natürlich mega Glück mit den zwei Spielen, dass beide Łódźer Vereine am selben Wochenende spielen, kommt nämlich sehr selten vor. In dieser Saison tatsächlich nur das eine Mal. Aber auch ohne zwei Spiele hätte mich Łódź überzeugt, es gibt keine Touristen, die Stadt ist günstig und teilweise immer noch schön heruntergekommen. Dies wird jedoch nicht mehr lange so sein. Łódź soll stärker ans Schnellzugnetz der polnischen Bahn angebunden werden und 2028 soll zwischen Warschau und Łódź ein riesiger internationaler Flughafen eröffnen, der bis zu 40 Millionen Passagiere pro Jahr abfertigen soll. Beim jetzigen sind es im Moment ca. 300.000. Spätestens dann werden auch mehr Touristen in die Stadt kommen und die Stadt durch die Gentrifizierung immer moderner werden. Also nutzt den Status Quo, macht es wie Theo und fahrt nach Łódź. Der war bestimmt beim Łódźer Derby und hat es sich gutgehen lassen. Ihr werdet es nicht bereuen.

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