Rumänien – Wer denkt hierbei an die ,,schönste“ Straße Europas, an mittelalterliche Städte, an deutschen Einfluss, große Bärenpopulationen und generell an eine gute Infrastruktur?
Okay, der letzte Fakt ist vielleicht etwas mit Vorurteilen belastet, aber ich bin mir sicher, dass der Westen Rumäniens vor 10-15 Jahren noch nicht so ausgesehen hat wie heute. Als Ranztourist habe ich mir für mein Geburtstagswochenende ein Ziel ausgesucht, welches (eigentlich) zu meinem Charakter passen würde. Die Flüge gab es für unter 100€ und so wurde für drei Tage die Freundin eingepackt und nach Sibiu (deutsch Hermannstadt) geflogen. Ein Auto ist Pflicht, wenn die Kultur anderer Städte und die bereits erwähnte ,,schönste“ Straße Europas, gesehen und erlebt werden wollen. Am Freitag wurde also in das kompakte Airbnb eingecheckt und die Altstadt Hermannstadt erkundet. Abends gab es auf Empfehlung des Airbnb-Host in einem Prima urigen Restaurant eine saure Suppe mit kleinen vom Schwein gefüllten Fleischstückchen drin. Ich probiere ja gerne alles aus, aber die Höflichkeit dies aufzuessen war nur sehr schwierig zu erfüllen. Zwei Schnitzel (als eines verkauft) mit Beilage für 12€ entsprach dann eher unseren Geschmack. Die Stadt ist klein, aber durch ausgewanderter Sachsen in die Region Transsilvanien (Siebenbürgen) ist der deutsche Einfluss groß. Die deutschen Siedler folgten den Einladungen des damaligen ungarischen Königs und bevölkerten zahlreich das heutige nordwestliche Rumänien. In Hermannstadt sind noch sehr viele deutsche Bezeichnungen und – oder Straßenschilder, obwohl Deutsche nur noch einen ganz kleinen Anteil ausmachen. Nichtsdestotrotz sollen deutsche Kindergärten und Sprachkurse rappelvoll sein, aber so viel zum kulturellen Hintergrund dieses Gebietes.
Es gibt zahlreiche sehenswerte Ausflugsstädte in der Umgebung, u.a. das Schloss Bran (Dracula) oder Brasov; auch weltbekannt, wir entschieden uns für das kleinere Alba Iulia (Karlsburg) mit seiner prachtvollen Festung. Mit kleinerer Parkplatzsuche-Verspätung, ausgerechnet heute musste ein Fahrradrennen in Alba Iulia stattfinden, wurde die sehenswerte Anlage im Zentrum der Stadt erkundet. Zitadelle Alba Carolina Karlsburg, welch ein schöner Name! Zwischen Kalrsburg und Cluj befindet sich noch das sehr ansehnliche Râmeț-Kloster, welches sich in einem Tal befindet und von den Bergen umrandet ist. Die Straße dorthin ist zum Teil nur einspurig geteert, aber selbst das lag schon weit über meinen Ansprüchen. Sehr eindrucksvoll!
Universitatea Cluj 0:1 Dinamo Bucuresti – 23.08.2025, 21:30 – 13.354 Zuschauer (mind. 3000 Gäste)
Nach der touristischen Einlage durfte am Geburtstagstag auch der Länderpunkt nicht fehlen, welch ein tolles Geschenk meinerseits! Die späte Uhrzeit schreckte zwar etwas ab, ich gehe davon aus, dass es TV-Gründe sind, aber das Hermannstadt Spiel wurde auf den Abreisetag Montag verlegt, sodass Cluj (Klusch ausgesprochen) die einzige professionelle Alternative gewesen ist. Immerhin und das wurde mir erst im Spiel klar, war es ein Spiel zweier befreundeter Kurven (nationalistisch geprägt, wie sehr vieles im Osten), sodass mindestens 3000 Zuschauer aus Bukarest angereist waren, neben dem vollen Gästeblock, waren auch auf meiner Gegentribüne etliche Menschen beim einzigen Tor des Tages aufgesprungen.
Auch wenn es als Intro auf beiden Seiten nichts zu sehen gab und gerade der Heimblock einige Lücken aufwies, die Stimmung war dann überraschend gut. Nach etwa 10 Minuten gingen bei Cluj auch etliche Fackeln an und das Abendspiel bekam, zumindest optisch, einen größeren Sinn. Gelegentlich gab es zwischen beiden Fanlagern Wechselgesänge, sodass auch mir langsam klar wurde, dass hier eine Freundschaft existieren muss.
Spielerisch habe ich Magerkost erwartet und bekam sie mit etlichen technischen Mängeln und Stoppfehlern auch. Dinamo war insgesamt drückender und erzielte Mitte der zweiten Halbzeit schließlich das Tor, welches aber direkt vom Linienrichter einkassiert wurde. Erst spät in der Nachspielzeit wurden die Gäste belohnt und ließen etliche Teile der Gegentribüne aufspringen. Interessant auch, dass es neben dem langen Gästeblock noch einen kleineren Gästekäfig gab. Auch wieder mit einer Gruppierung gefüllt, die phasenweise gegen den anderen Block sang. Anders geht es anscheinend manchmal im Osten nicht, wobei wir in Deutschland, Münster, ja auch mal ähnliche Verhältnisse gehabt haben. Immerhin mit einem Tor im Gepäck ging es kurz vor Mitternacht 90 Minuten zurück zur ,,Basis“ in Herrmannstadt.
Am Sonntag stand noch ein kleines Highlight an, Bärenbesichtigung und schlussendlich die ,,schönste“ Straße Europas.
Diese Beschreibungen sind immer sehr subjektiv, allerdings taucht sie in einigen Ratgebern so auf. Die Transfagarasan ist eine ansehnliche Hochgebirgsstraße und schnell von Herrmannstadt zu erreichen. Die Nordseite bis zum Balea-See ist am Wochenende sehr stark befahren, sodass die Kurven und Tunnel von nervigen anderen Touristen begleitet werden. Vorher gibt es noch einen echt großen Wasserfall zu bestaunen, die Parksituation ist am Wochenende jedoch grenzwertig. Der See ist schön, aber nicht so beeindruckend wie erwartet. Hier stehen etliche Verkaufsbuden die immer dieselben Baumkuchen, Langos und Reisesouvenirs anbieten. Weiter in die Abfahrt der Nordseite wird es etwas grüner und die Sicht wird besser. Besonders beeindruckend ist das Erlebnis doch einige Bären am Straßenrand sehen zu dürfen. Ja, der Besuch der Straße für die Tiere ist kritikwürdig, insbesondere wenn andere Touristen gar anhalten, füttern (Bettelbären) und tatsächlich Selfies schießen wollen. Dennoch, auf 2-3 Metern an den Braunbären dran zu sein, bleibt ein einmaliges Erlebnis für sich.
Die Straße ist sicherlich nicht die schönste Straße Europas, dafür sind gerade Gebirgsstraßen in der Schweiz und Österreich zu häufig zu krass, auch Armenien im Frühjahr hat mich sehr beeindruckt, aber wer sich außerhalb Bukarests bewegt, sollte diesen Stopp keinesfalls auslassen. Wandert man z.B. am Balea See (mit Vorsicht vor Bären) hoch, wird die Aussicht (wahrscheinlich) wirklich immer spektakulärer.
Diese Region kann definitiv einiges und ist in einem guten touristischen Zustand. Ranzigkeit, streunende Hunde oder schlechte Infrastruktur sind kaum noch zu beobachten, dafür sind die Besucherströme, auch aus Deutschland, mittlerweile sehr groß. 6 von 7 Abflügen aus Sibiu gingen am Montagmorgen nach Deutschland, das werden nicht nur (aber auch) in Deutschland lebende Rumänen sein. Eine Empfehlung, für das etwas unbekanntere, Kurzreiseziel kann ich definitiv aussprechen, obwohl eine Verspätung von 2 Stunden und 53 Minuten ordentlich aufs Gemüt schlug (8Min haben zur Entschädigung gefehlt).