Drei Wochen vor Reiseantritt erhielt ich die Nachricht, dass meine Wohnung für das o. g. Wochenende belegt sei und ich dementsprechend ,,verschwinden“ müsste. Nun, man könnte zu seinen Eltern fahren, da ich jene allerdings bereits die Woche vorher zu sehen bekommen würde, schied diese Möglichkeit für mich aus. Also doch nochmal ins Ausland, eigentlich sollte mein Fussball-Jahr 2023 doch bereits beendet sein und der Motivationstank weiter aufgeladen werden…Nun, mit Serbien und der Schweiz kristallisierten sich schnell zwei Länder heraus, die sich auf ähnlichen Preisniveau (Gesamtkosten, einzeln betrachtet ist die Schweiz natürlich unbezahlbar) befanden. Serbien wäre zwar ein neuer Länderpunkt gewesen, allerdings habe ich eigentlich die Prämisse, solche, in der Theorie wärmere Länder, nicht in den dunkelsten Monaten besuchen zu wollen. Also die Schweiz, ein Revisit, die Landkarte der Eidgenossen war bis auf das Züricher-Derby noch komplett leer. Es gab mehrere Spieloptionen zur Auswahl. Mit Bern gegen St. Gallen sicherlich das attraktivste und zuschauer-stärkste Spiel, mit Basel gegen die Grasshoppers ein solides Spiel und mit Lausanne-Sport gegen Servette FC Genf ein west-französisches Schweizer-Derby. Eigentlich recht schnell habe ich mich für das Derby entschieden. Diese Spiele sind dort aufgrund des geringeren Zuschauer-Interesses als in den deutschsprachigen Gebieten der Schweiz zwar tendenziell unattraktiver, aber Derby bleibt Derby.

Am späten Freitagabend wurde die Anreise nach Berlin-Flughafen angetreten, um dort einmal mehr einige Stunden auf den 6:00 Uhr Flug in Richtung Genf zu warten. Man kennt es ja nicht anders, da muss man durch. Der Flug verging dann unerwartet wie im Fluge(hah), kein Wunder, wenn 30 Minuten früher als erwartet der Genfer-Flughafen erblickt wird. Für mich etwas ärgerlich, da ich noch bis 15 Uhr die Zeit absitzen musste. Erst dann konnte ich mein Hostel betreten.

Ganz nett in Lausanne!

Die Stadt Genf wurde links liegen gelassen, schließlich fehlt mir der Ground hier ebenfalls, und die kurze 45-minütige Fahrt in Richtung Lausanne am Genfer See angetreten. Gerade anfangs im Übrigen eine sehr schöne Zugreise, leider lag auch hier kein Schnee mehr, der wie in Deutschland 2-3 Tage vorher geschmolzen ist. Lausanne ist eine recht kleine Studentenstadt, die Altstadt ist durchaus zum Bummeln geeignet, zum Einkaufen eher weniger, aber lustig anzusehen sind die reichen Schweizer dort schon. Gut, etwas Neid ist wahrscheinlich auch dabei, mein Mittagessen nahm ich im (pickepackevollen!) McDonalds ein. Zum Zeit totschlagen kann ich im Übrigen die Kantons- und Universitätsbibliothek empfehlen, vom Außen ansehnlich und Innen befinden sich einige Sitzplätze und für die Leseratten liegen Bücher und tagesaktuelle Zeitschriften aus (Mehrzahl auf Französisch, allerdings gibt es auch deutsche Zeitschriften zur Auswahl). Nachdem sich also etwas gebildet wurde, stand der Spaziergang zum Hostel an. Noch bei besten Wetter im Übrigen. Das Fünfer-Zimmer (es war nur ein weiteres Bett belegt) im Stil einer Jugendherberge (für 52 € inklusive Frühstück, Schweiz halt) wurde schnell bezogen und aufgrund der Müdigkeit direkt ein Mittagsschlaf eingelegt. Solche schlaflosen Nächte werden mit jedem Mal härter, da nimmt man jede Minute Schlaf gerne entgegen.

Samstag, 9.12.2023, 20:30, Stade de la Tuiliere (Lausanne), 9237 Zuschauer (2000 Gäste) FC Lausanne-Sport 1:1 Servette FC Genf

Gegen Abend verdichteten sich die Wolken und es wurde extrem stürmisch und regnerisch. Zum Glück gab es im Hostel eine City-Card inklusive, sodass per Bus der Wetterumschwung bestaunt werden konnte und die Vorfreude stieg. Schließlich hatten sich mehr als 2000 Gäste, am Ende waren es vielleicht 2,5-2,8 Tausend, angekündigt. Den Fanmarsch vom Bahnhof zum Stadion ließ ich bei diesem Wetter dann allerdings meinerseits ausfallen. So chillte ich noch etwas in der Fankneipe am Stadion und entfloh dem starken Dauerregen. Verpassen sollte ich dadurch, auch durch meine schnelle Flucht nach dem Spiel, kleinere Randale zwischen Lausanne und Genf und Genf und den Polizisten. Nichts Wildes, aber für GruppaOF hat es immerhin gereicht, Action und Hass war also durchaus vorhanden.

Im Stadion selbst, ein nicht erwähnenswerter 12.000 Neubau, aber schicker als in Paderborn) wurde ich dafür sehr überrascht. Zu Beginn wurde von der Kop Sud eine Choreographie bestehend aus ,,vier feiernden Fans hinter der Stadt Lausanne“ hochgezogen. Dazu gab es an den Rändern weißen Rauch (und einige Fackeln), welcher den (oberen) Text ,,Dans les tribunes comme surle terrain“(Auf den Tribünen wie auf dem Spielfeld), oberhalb der Choreo und der Fackeln, etwas einnebelte, aber im Zusammenhang mit dem unteren Text-Banner ,,tous ensemble pour Lausanne“(alle zusammen für Lausanne) ein stimmiges Gesamtergebnis ablieferte. Die Kop-Sud war von der Lautstärke her leiser als Genf, allerdings befand ich mich zum einen auf der Haupttribüne eher in Richtung Genf, zum anderen war der Heimblock leider auch nicht ganz ausverkauft, etwas schade, der harte Kern war jedoch trotzdem durchgehend zu hören. Nach der Choreo und einer ersten direkt folgenden Pyro-Show Lausannes, aus mindestens zwanzig Fackeln, wurde die Partie aufgrund des starken Nebels (der sich auch durch die Wetterlage im Stadion befand) 15 Minuten später erst angepfiffen. Genf erschien erst mit Anpfiff und überzeugte anfangs eher mit Stimmengewalt als durch anderes, nach etwa 20 Minuten brennte es aber auch im Gästeblock zum ersten Mal groß auf.

Spielerisch machte Lausanne das Spiel, konnte gute Kombinationen allerdings im finalen Pass nicht zu Ende bringen. Servette versteifte sich auf Konter und konnte durch eben einen sehr früh in der dritten Minute in Führung gehen. Auf den Rängen fackelte es immer wieder vereinzelnd auf und sorgte für Spielunterbrechungen. Mitte der zweiten Halbzeit legte Lausanne mit einer weiteren größeren farbenfrohen Show nach, wahrscheinlich wollte man nicht mehr auf sein Tor warten. Kurz danach fiel lustigerweise der verdiente Ausgleich, sodass weitere Fackel brannten und der Stadionsprecher verzweifelte.

Das Spiel endete also recht ausgeglichen auf dem Spielfeld und auch auf den Rängen. Optisch hatte Lausanne einiges aufgefahren, für einen kleinen Verein, eine ordentliche Anzahl an Fackeln brannte fast durchweg in der Kop-Sud. Genf brachte auch einiges mit, war aber eher lauter und hatte auch 1-2 melodische Gesänge dabei, die etwas Mitmach-Potential mit sich brachten. Nach dem Spiel gab es wie oben bereits erwähnt weitere kleinere Auseinandersetzungen außerhalb des Stadions. Da ich den immer noch starken Regen allerdings schnell entfliehen wollte, war ich kein Zuschauer der ,,dritten Halbzeit“ mehr. Das Derby konnte in Allem überzeugen und überraschen und hätte eigentlich auch eine volle Hütte verdient gehabt. Aber daran können beide Fanlager ja bis zum nächsten Mal arbeiten.

Sonntag, 10.12.2023, 14:15 Uhr, Stadion Brügglifeld, 3895 Zuschauer (25 Gäste) – FC Aarau 1:1 FC Will

Nach einer angenehmen ruhigen Nacht wurde sich am nächsten Tag am ,,freien“ Frühstück erfreut und das reingehauen was ging. Kurz wurde noch der Ausblick des Genfer Sees genossen (wirklich schön!), ehe es zurück Richtung Bahnhof ging. Die heutige weitere Fahrt ging über Bern nach Aarau, wo sich noch ein zeitlich passendes 2t. Liga Spiel einschob.

 Der FC Aarau spielte bereits einige Jahre in der ersten Super League, spielt nun allerdings seit acht Jahren wieder zweitklassig. Für die verhältnismäßig kleine Stadt (20.000) besitzt Aarau schon immer einen guten Zuschauerschnitt (zwischen 3-5.000). Der Verein ist sehr familiär geführt und besitzt eine kleine bis mittelgroße Ultra-Gruppierung (50-100 Mann, für die zweite Liga wohl eine der Besten), die auf der sehr langgezogenen Gegengerade stehen. Es ist wirklich auffällig gewesen, wie viele Familien und kleinere Kinder sich beim Match (bei sehr angenehmen Wetter) im alten Stadion anwesend waren. Gegenüber der Gegentribüne ist eine kleine überdachte Tribüne, die Hintertorseiten sind ebenfalls begehbar, eine Seite ist für Gäste. Seit zwei, drei Jahren ist ein neues Stadion in Planung, bisher erfolgte allerdings noch keine Konkretisierung dessen. Das aktuelle Stadion hat durchaus Charme und ist für Familien nett, für Profi-Fussball in Liga 1 ist es jedoch nicht wirklich geeignet. Da wird der Verein bei passender Finanzierung wohl mit der Zeit gehen müssen.

Die Ultras der Szene Aarau zeigten zu Beginn eine kleine Pappenchoreo (F C A), waren allerdings sehr selten zu hören. Etwas überraschend war der sehr kleine Haufen aus Will von meiner seitlichen Gegengerade öfter zu hören. Im Spiel selbst herrschte eigentlich keine große Spannung, Aarau ging in der zweiten Halbzeit in Führung und schien alles unter Kontrolle zu haben, ehe die Gäste mit der allerletzten Aktion doch noch ausgleichen konnten.

Ich hoffe der Charme des Vereins bleibt auch nach einem Stadionwechsel erhalten, erste Liga hat Aarau definitiv öfter verdient. Für mich ging es nun nach Basel, wo es mit dem ICE die ganze Nacht zurück in die Heimat ging und morgens direkt die Arbeit wieder angesteuert wurde. Das Leben was der Ranztourist wählte…

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